Volkswacht Bodensee - Eine Woche Schwarz-Rot: Union und SPD mahnen zu Verzicht auf Streitigkeiten

Börse
DAX 0.19% 23610.64
TecDAX 0.3% 3808.02
Goldpreis 0.27% 3236.6 $
Euro STOXX 50 0.24% 5405.52
MDAX -0.07% 29766.31
SDAX 0.15% 16672.9
EUR/USD 0.48% 1.1145 $
Eine Woche Schwarz-Rot: Union und SPD mahnen zu Verzicht auf Streitigkeiten
Eine Woche Schwarz-Rot: Union und SPD mahnen zu Verzicht auf Streitigkeiten / Foto: © AFP

Eine Woche Schwarz-Rot: Union und SPD mahnen zu Verzicht auf Streitigkeiten

Eine Woche nach dem Amtsantritt der schwarz-roten Regierung sehen Union und SPD Verbesserungsbedarf bei der Zusammenarbeit der Koalition. Unions-Parlamentsgeschäftsführer Steffen Bilger sagte am Dienstag, Äußerungen von Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) zu Rente und Arbeitszeiten hätten zu "Irritationen" bei CDU und CSU geführt. Der kommissarische SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf warnte seinerseits vor "öffentlichen Streitereien" wie während der Ampel-Koalition.

Textgröße:

"Auch die Regierungsmitglieder sollten sich an dem orientieren, was im Koalitionsvertrag vereinbart ist", sagte Bilger mit Blick auf die Forderung von Bas, Beamte und Selbstständige in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen. Es seien "politisch herausfordernde Zeiten. Da kann man es sich einfach nicht erlauben in der Politik, solche Streitereien zu führen, wie es jetzt in der 'Ampel' an der Tagesordnung war".

Die SPD müsse es schaffen, Regierungspolitik selbstbewusst zu vertreten und gleichzeitig ein eigenes Profil zu bilden, sagte der vorerst kommissarisch ernannte neue SPD-Generalsekretär Klüssendorf am Montagabend in den ARD-"Tagesthemen". Die Lehre aus der Zeit der Ampel-Koalition sei: "Wir können nicht so weitermachen mit den öffentlichen Auseinandersetzungen, den öffentlichen Streitereien."

Nach der Wahl von Kanzler Friedrich Merz (CDU) erst im zweiten Anlauf am Dienstag vor einer Woche waren erste Differenzen in der Koalition zutagegetreten. Bas hatte nicht nur mit ihren Rentenplänen Kritik aus der Union auf sich gezogen, sondern auch mit öffentlich geäußerter Skepsis zur im Koalitionsvertrag vereinbarten Umstellung von einer täglichen auf eine wöchentliche Höchstarbeitszeit.

Auch beim Mindestlohn liegen die Koalitionspartner weiter über Kreuz. SPD-Fraktionschef Matthias Miersch bekräftigte am Dienstag im ZDF die Forderung, den Mindestlohn auf 15 Euro zu erhöhen. Dies sei "unsere Erwartungshaltung" an die Mindestlohnkommission der Tarifpartner. Er verwies dabei auch auf die Möglichkeit, gesetzgeberisch tätig zu werden.

Gegen einen politisch festgelegten Mindestlohn wandte sich hingegen die CDU-Politikerin und parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium, Gitta Connemann. "Die Mindestlohnkommission wird anhand von objektiven Kriterien entscheiden und nicht nach einem politischen 'Wünsch dir was'", betonte sie in einem Podcast des Portals Politico. Der Koalitionsvertrag sei in diesem Punkt "unmissverständlich".

Schwarz-Rot habe einen "denkbar schlechten Start" hingelegt, sagte Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann. Sie nannte Kanzlerwahl im zweiten Wahlgang, den Streit um die Rente, den Mindestlohn und das europäische Lieferkettengesetz.

Auch hier gibt es offensichtlich einen Dissenz: Merz hatte am Freitag bei seinem Antrittsbesuch in Brüssel die Abschaffung auch des europäischen Lieferkettengesetzes gefordert, durch das Firmen die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltvorgaben entlang ihrer Lieferkette dokumentieren müssen. Vize-Kanzler Lars Klingbeil (SPD) unterstützte bei seinem ersten EU-Finanzministertreffen am Montag zwar die geplante Verschiebung des Starts der europäischen Regelung und weniger Bürokratielast, sprach sich aber für eine Beibehaltung aus.

Um in der Regierung zu einer besseren Zusammenarbeit zu kommen, verwies CDU-Vertreter Bilger am Dienstag auf monatlich vereinbarte regelmäßige Treffen des Koalitionsausschusses. Dieser werde "eine sehr wichtige Rolle haben", sagte er. Er solle dabei "in einer kleineren Zusammensetzung" als zu "Ampel"-Zeiten tagen, damit "vertrauensvoller, ergebnisorientierter gesprochen werden kann". Einen öffentlich bekannten Termin gibt es bisher nicht.

Mit Spannung wird in Berlin nun auf die erste Regierungserklärung von Kanzler Friedrich Merz (CDU) im Bundestag am Mittwoch geblickt. Der Regierungsschef dürfte sich dort auch zu Prioritäten und Schwerpunkten bei wichtigen Reformprojekten der schwarz-roten Koalition vor der Sommerpause äußern. Kurz vor ihm steht auch SPD-Vize-Kanzler Klingbeil den Abgeordneten in einer Fragestunde Rede und Antwort.

A.Kunz--VB