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Kassenärzte-Chef fordert neue Praxisgebühr und Erhöhung der Tabaksteuer
Der Verband der Kassenärzte fordert neue Einnahmequellen für das Gesundheitssystem. Vorstellbar sei "eine Art Praxisgebühr 2.0, bei der die Kassen das Geld bei den Patienten einziehen", sagte der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, der "Rheinischen Post" vom Samstag. "Zehn Euro Praxisgebühr pro Quartal sind zumutbar, das ist der Preis eines Döners." Die Gebühr solle aber nicht vor Ort beim Arztbesuch eingezogen werden, weil dies zu viel bürokratischen Aufwand für die Praxen bedeuten würde.
Gassen erinnerte an das Volumen der bis 2012 erhobenen Gebühr: "Damals hat die Praxisgebühr den Kassen zwei Milliarden Euro im Jahr gebracht", sagte er. "Zum Vergleich: Pro Patient bekommt ein Hautarzt zum Beispiel nur rund 15 Euro im Monat."
Zugleich forderte der KBV-Chef, eine Steuer auf Zucker einzuführen und die auf Tabak und Alkohol zu erhöhen: "Es gibt Wege, Einnahmen gezielt zu erhöhen: Wir brauchen endlich eine Zuckersteuer wie in skandinavischen Ländern. Zugleich sollte die Tabak- und Alkoholsteuer erhöht werden und die Einnahmen zweckgebunden in das Gesundheitswesen gehen, sie dürfen nicht wie bisher im Bundeshaushalt versickern."
Gassen nannte in dem Interview auch Zahlen: "Zwei Euro Steuern mehr pro Zigaretten-Packung wären doch ein guter Anfang. Das würde rund sieben Milliarden Euro im Jahr bringen - und wenn es Jugendliche vom Rauchen abhält, umso besser." Rauchen sei schließlich die Hauptursache für Lungenkrebs, Herzinfarkte, Schlaganfälle.
Gassen bekräftigte auch seine Forderung, die Homöopathie als Kassenleistung zu streichen: "Es gibt keine Evidenz, dass Homöopathie wirkt", sagte er. "Menschen sollen gerne Globuli und Mistel-Zweige einsetzen, wenn sie daran glauben - aber nicht zu Lasten der Beitragszahler. Allein für Homöopathie zahlen die Kassen 50 Millionen Euro im Jahr."
Zudem forderte Gassen das Bundesgesundheitsministerium auf, die Erstattung von Gesundheits-Apps zu streichen - beispielsweise von Apps, die Versicherte mit Handy oder Computer nutzen können, um das Rauchen aufzugeben oder Depressionen zu lindern. Mit solchen Apps werde "ohne erwiesenen Nutzen viel Geld verschwendet", kritisierte der Verbandschef.
"Es gibt keine echte Bewertung des medizinischen Nutzens, keine Kontrolle, ob diese Anwendungen überhaupt genutzt werden", fügte er hinzu. Gassen verwies auf die Kosten dieser Gesundheits-Apps: "Sie haben zwischen 2020 und 2024 rund 234 Millionen Euro gekostet, und die Ausgaben steigen."
Eine generelle Praxisgebühr für Arztbesuche gab es für gesetzlich Versicherte von 2004 bis Ende 2012 in Höhe von pauschal zehn Euro pro Quartal. Diese führte jedoch zu einem erheblichen Verwaltungsaufwand, die Einsparungen blieben hinter den Erwartungen zurück. Zugleich ging die Zahl der Arztbesuche zurück, was Befürchtungen auslöste, dass auch medizinisch sinnvolle Vorsorgetermine oder Behandlungen ausblieben.
J.Sauter--VB